Warum Frauenförderung in Unternehmen meist ins Leere läuft

Trotz einer Vielzahl an Employer Branding Initiativen zur Förderung weiblicher Führungskräfte ist die Rate derjenigen, die das Unternehmen vor Eintritt in die C-Level Ebene verlassen, unverändert hoch. Und spätestens dann beginnt der zahlengetriebene Selbstbetrug in HR-Abteilungen und bei Unternehmensverantwortlichen. Denn der Anteil der Unternehmenskultur und der Rahmenbedingungen am frühzeitigen Ausscheiden weiblicher High Potentials wird in der Regel völlig negiert.

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It’s the culture, stupid!

Eines der größten Missverständnisse in Bezug auf Mitarbeiterinnen in Unternehmen liegt in der Beurteilung der Gründe für deren vermeintliches Scheitern. Die erste Reaktion auf Seiten der Verantwortlichen ist zumeist blankes Unverständnis. Oft schwebt sogar der Vorwurf im Raum, der Weggang einer Mitarbeiterin sei gewissermaßen eine Form der Undankbarkeit, schließlich habe man sich doch so für die Kollegin eingesetzt und sie entsprechend gefördert.

Man(n) sucht die Gründe für das Ausscheiden einst vielversprechender weiblicher Talente in Faktoren, die vermeintlich in der alleinigen Verantwortung der Mitarbeiterin liegen. Vereinbarkeit ist so ein Argument. Doch mit dieser Einschätzung verschließen Unternehmen die Augen vor den eigentlichen Gründen. Diese haben viel mehr mit fehlender Anerkennungskultur und männlich geprägten Strukturen zu tun als mit Betreuungsangeboten oder anderen Incentives.

Quantität statt Qualität

Diese Strukturen funktionieren so, dass die Beurteilung von Leistung ausschließlich anhand einheitlicher, von Männern für Männer geschaffener Parameter erfolgt. Stichwort: Assessment-Center. Selbstverständlich gibt es Frauen, die unter diesen Bedingungen reüssieren. Doch damit geht gleichzeitig ein Problem einher: Diese Frauen werden selten dazu beitragen, dass Unternehmen sich verändern. Im Gegenteil: Sie manifestieren das System.

In diesem Sinne ist auch die Quote eine Bedrohung. Sie bestätigt den Status Quo eher, als dass sie zu Reformen zwingt. Indem lediglich quantitative Kriterien in den Vordergrund gestellt werden, droht man das tiefer liegende Problem aus den Augen zu verlieren. Und dieses Problem liegt in den organisationalen Begebenheiten verankert, die seit Jahrhunderten das männliche Prinzip des „Command & Control“ stützen.

Was nicht passt, wird passend gemacht

Die Crux liegt in der Tatsache begründet, dass die beschriebenen Kulturen („legacy cultures“) sehr alt und für die Männer in der Regel ausgesprochen angenehm sind. Warum also etwas daran ändern? Statt dessen liegt der Versuch nahe Frauen für diese Art der Organisationskultur „passend“ zu machen.

Ratgeber, die Frauen beibringen wollen in den beschriebenen Kontexten erfolgreich zu sein, sind Legion. Doch sie basieren sämtlich auf dem bereits beschriebenen Kardinalfehler. „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“, so das bekannte Einstein-Zitat. Doch genau das passiert, wenn weibliche Talente in rein männliche Systeme gezwungen werden. Schlimmer noch: Das Potenzial, das in der Veränderung steckt, bleibt ebenso auf der Strecke wie die Mitarbeiterin selbst. Statt dessen: kollektive Desillusionierung.

Selbsterhaltende Systeme

Das System selbst bleibt also unangetastet, während von den Frauen erwartet wird, dass sie sich anpassen. In die Optimierung dieser Anpassungsfähigkeit wird eine Menge Zeit, Geld und Management Attention gesteckt, z.B. in Form von Mentoren-Programmen, Coachings, Schulungen, Workshops, internen Netzwerken etc. Dadurch wird aber nicht nur die echte Weiterentwicklung der einzelnen Mitarbeiterin versäumt, sondern auch die Chance auf positive Impulse in Richtung der Organisation ausgelassen. Und somit verstärkt sich das System ausgerechnet auch durch diejenigen Mitarbeiter(innen), die von seiner Veränderung am meisten profitieren würden.

Ohne Veränderung der Kultur eines Unternehmens wird der ewige Widerspruch zwischen gescheiterten weiblichen Führungskarrieren und der schieren Notwendigkeit von Diversity jedoch nicht zu aufzulösen sein. Doch so lange man nicht an die Ursachen und Vorbedingungen für diese Problematik geht, ist Change noch weit entfernt.

Gender Empathy ist der Weg

Die Lösung liegt beinahe auf der Hand. Statt auf bestehende Organisationskulturen zu setzen und die weiblichen Arbeitskräfte mit dem Ziel der Assimilation zu fördern, täten Unternehmen ausgesprochen gut daran die zahlreichen Vorteile von Diversity in der work force verstehen und nutzen zu lernen. Der Weg dorthin führt über Gender Empathy: die Fähigkeit Vielfalt zu antizipieren und die Unterschiede von Frauen und Männern positiv nutzbar zu machen. Damit würden drei wichtige Themen zugleich adressiert:

  1. die optimale Potenzialentfaltung der einzelnen Arbeitnehmer_innen,
  2. die sukzessive Veränderung von Unternehmenskulturen und
  3. die Befähigung von Unternehmen zu Innovation über Inklusion.

Hier liegt der Schlüssel für Change. Kein anderer Ansatz besitzt eine so große Hebelkraft wie die Anwendung der komplementären Potenziale der Geschlechter. Im Kielwasser von Gender Empathy lösen sich Konflikte auf, werden Unternehmen kulturell in die Lage versetzt Großes zu bewegen und ist Erfolg eine unmittelbare und logische Konsequenz des Wissens um Diversity.

Dieser Blogpost ist die Fortsetzung einer Reihe über Gender Empathy. Den Auftakt bildete „Die Bedeutung von Diversity und Gender Empathy für die Digitale Transformation“. Weitere Artikel zu diesem Thema folgen.

Zu diesem Thema passt mein Vortrag “Gender Empathy and Digital Transformation” am 24.02.16 im Rahmen der Social Media Week Hamburg. Anmeldungen sind seit dem 12.01. möglich. Hier der Link zur Veranstaltung.

Parameter von Leadership für die Digitale Transformation

Unternehmen nahezu aller Branchen und Industrien nehmen derzeit zwangsweise an einem Rennen teil, dessen Regeln sie nicht kennen, bei dem ihnen das Ziel schleierhaft ist und wo der Weg ganz offensichtlich Interpretationssache bleibt. Das Rennen heißt im Volksmund „Digitale Transformation“.

Entscheider auf allen Ebenen erwähnen eben diese Digitale Transformation daher auch bei jeder Umfrage zur Zukunft ihrer Branche, ihres Unternehmens oder ihres unmittelbaren Entscheidungsumfelds. Viele verbinden damit die vage Hoffnung, dass alleine die möglichst häufige Erwähnung von „digital“ bereits Teil der Lösung sein könnte. Besonders weitsichtig oder gar innovativ ist dieser Reflex nicht.

Kollektives Versteckspiel

Ein solches Verhalten passt eher zum Prinzip „Cover my ass“. Es lautet: einfach mit der Masse mitschwimmen, deren Minimalkonsens mehr oder weniger modifiziert nachplappern, fertig ist die Risikominimierung auf dem Weg zum Lebensabend im finanzierten Eigenheim. Hinterfragen oder intensives Nachdenken über Handlungsalternativen birgt ein viel zu großes Risiko des Scheiterns. Der Einzelne liefe Gefahr gewissermaßen sichtbar zu werden, wenn er seine mühsam erkämpfte Position mitsamt ihrer Privilegien an klare, rückverfolgbare Aussagen knüpfte. Statt dessen hat das kollektive Abtauchen Konjunktur, sollen sich doch lieber andere blutige Nasen holen.

Derartige Verhaltensweisen einer Flucht vor Verantwortung sind nicht neu und sie sind sehr weit verbreitet. Das Buch „Der kleine Macchiavelli“ hat sie bereits vor über einem Jahrzehnt treffend beschrieben. Geändert hat sich seither wenig, der Typus des „Teflon-Managers“ erlebt nach wie vor einen Boom.

Eines hat sich jedoch gewaltig verändert: die Welt da draußen und damit die Rahmenbedingungen und Konsequenzen eines solchen Nicht-Agierens. Es war nie gefährlicher die Zeichen der Zeit zu missdeuten oder egozentrisch für seine eigenen Belange zu missbrauchen. Wenn selbst die Big Five (Google, Amazon, Apple, Microsoft und Facebook) ihre Innovationen größtenteils zukaufen müssen, wie steht es da um die Millionen kleiner und mittelständischer Unternehmen, die zwar vor der gleichen Herausforderung stehen, deren Mittel jedoch auf allen Ebenen limitiert sind. Sie sind es, die im eingangs beschriebenen Rennen verzweifelt um Anschluss kämpfen.

„Geben sie Frauen hinzu und rühren sie um“

Welchen Namen auch immer man dem Rennen gibt, ob es um Innovation, Change oder Disruption geht: Die allermeisten Teilnehmer sind weder strukturell für derart tiefgreifende Veränderungen aufgestellt, noch sind sie Willens oder in der Lage sich von Hindernissen in der eigenen Unternehmenskultur zu befreien. Gerade Letzteres ist jedoch Grundvoraussetzung um sich überhaupt auf neues Denken, digitales Umsetzen und innovatives Handeln einzulassen.

Ein Beispiel, das illustriert, wie abstrakt Dinge zum Teil in Unternehmen implementiert werden, ist das Thema Diversity. Die Frauenquote hat flächendeckend dazu geführt, dass HR-Abteilungen und Manager glauben, mit quantitativen Maßnahmen sei es getan. Eleanor Tabi Haller-Jorden, Präsidentin und CEO der Paradigm Forum GmbH und frühere Vorsitzende der Catalyst Europe AG, nennt dieses Phänomen „Add Women And Stir“, frei übersetzt also etwa „Man gebe Frauen hinzu und rühre um“. Denn mehr passiert in der Regel selten. Es werden z.T. zähneknirschend Führungspositionen mit Frauen besetzt – und das war es dann.

Über die tiefgreifenden Zusammenhänge zwischen Innovation, Diversity und Gender Equality machen sich die wenigsten Gedanken. Dabei gibt es unzählige Studien, die belegen, dass wirtschaftlicher Erfolg unmittelbar mit erfolgreichem Diversity-Management einhergeht. Dennoch bleibt das Thema in der Wahrnehmung diffus. Spätestens in der nächsten Krise landet es auf dem Stapel naheliegender Einsparpotenziale. Die strategische Bedeutung von Diversity jenseits des Wohlfühlfaktors erkennen die Wenigsten.

Organisationales Lernen vs. Outsourcing

Je kleiner ein Unternehmen ist, desto abhängiger ist es es von qualifizierten, motivierten und v.a. angstfreien Mitarbeitern, die bei ihrem Wirken jedes Kalkül beiseite lassen und sich statt auf ihre Karrieren  vornehmlich auf den Erfolg ihrer Projekte und des Unternehmens fokussieren. Doch statt alles dafür zu tun eine Unternehmenskultur zu etablieren, in der sich solche Mitarbeiter entfalten können, fürchten viele Firmenlenker die Abhängigkeit von einzelnen Mitarbeitern.

Solche Topmanager suchen statt dessen ihr Heil bei externen Beratern, deren Know-how sie teuer einkaufen und mit deren Ergebnissen sie – mit Ausnahme der eigenen intellektuellen Absicherung – in den seltensten Fällen etwas anfangen können; von organisationalem Lernen, das heutzutage Grundvoraussetzung für nachhaltigen Erfolg ist, ganz zu schweigen.

Wenn strategische Weiterentwicklung, interner Umbau oder die Implementierung neuer Technologien jedoch nahezu ausschließlich von unternehmensfremden Beratern übernommen wird, wo liegt dann die Leistung der Führungskräfte? Welchen Grad an Verantwortungsübernahme trauen sich Unternehmen eigentlich noch selbst zu? Es ist doch die ureigenste Aufgabe von Mitarbeitern in Leitungsposition selbst zu denken, zu lernen und umzusetzen. Weshalb lassen Organisationen zu, dass diese Kernaufgaben reihenweise ausgelagert werden? Diese Art des laissez-faire ist der eigentliche Skandal.

Dein Feind: die Kennzahl

Trotz der beschriebenen Fehlleistungen und den auf der Hand liegenden Gründen dafür treiben Angst und Unfähigkeit zur Abstraktion noch weitaus absurdere Blüten. Der Wahn von der Messbarkeit lässt Unternehmen bereits beim Personalauswahl- und später beim Personalentwicklungs-Prozess auf vermeintliche Kennzahlen zurückgreifen, die zwar jedem gesunden Menschenverstand (von Mut spreche ich hier schon lange nicht mehr) zuwiderlaufen, die aber jede Entscheidung an einen Parameter knüpfen, der im Falle des Misserfolgs größtmögliche Unantastbarkeit für den „Entscheider“ bedeutet. Schließlich hat er sich an anerkannte Messgrößen gehalten.

Dabei bleiben Faktoren wie Motivation und Identifikation auf Seiten derjenigen, die als Führungsnachwuchs entwickelt werden sollen, beinahe gänzlich auf der Strecke. Dieser Umstand erscheint aber offenbar als vermeintlich kleines Opfer angesichts der Vorteile einer dauerhaft weißen Weste der Verantwortlichen. Die Protagonisten ruhen sich auf Instrumenten vom Schlage eines Assessment-Centers aus und haben das selbstständige Denken und Hinterfragen längst auf ein risikoarmes Minimum zurückgefahren.

Egal, von welcher Seite man diesen Umstand betrachtet, man möchte manchmal schier kapitulieren vor

  • der Mutlosigkeit der Verantwortlichen,
  • dem z.T. völligen Versagen von Führungskräften,
  • der Mentalität nur den eigenen Ruf zu sichern,
  • der selbstverschuldeten Abhängigkeit von Kennzahlen,
  • dem Unverständnis in der emphatischen Zusammenarbeit mit Menschen,
  • dem ewigen „Weiter so“ eines neoliberalen Wirtschaftssystems,
  • der Hörigkeit gegenüber Beratungsunternehmen,
  • der kategorischen Ablehnung neuer Wege,
  • der Unfähigkeit Fehler auszuhalten und für Erkenntnis zu nutzen,
  • dem mangelnden Verantwortungsgefühl von Entscheidern und
  • der Blindheit mancher Verantwortlicher angesichts himmelschreiender Ungerechtigkeit im Bereich von Gender Equality, Equal Pay und Diversity.

Doch Kapitulation ist keine Option. Statt dessen gilt es sich den Veränderungen mutig zu stellen. Bestenfalls tut man dies, indem man den Herausforderungen in einem Bewusstsein die Stirn bietet, dass es kein Versteckspiel mehr geben darf. Die Aufgaben im Zuge der Digitalen Revolution sind zu groß, als dass man sie für die eigene Karriere opfern dürfte.

Neben Weitsicht und der Fähigkeit jenseits linearer Prozesse zu denken und zu Handeln gehören Mut, Entscheidungsstärke und vorbildhafte Verantwortungsübernahme zum unmittelbaren Rüstzeug derjenigen, die Unternehmen in die Zukunft navigieren sollen. Wer sich nicht auf seine Intuition und Erfahrung verlassen kann, sondern Risikominimierung im blinden Glauben an Kennzahlen sucht, der ist an anderen Stellen sicher besser aufgehoben.

Parameters of change – equality as a success factor

[This text is the slightly edited manuscript of my keynote at the conference „Fremtidsperspektiver I Dansk Musikliv – Met Diversitet Som Katalysator For At Finde Nye Veje“ on December 1st, 2015, at Dansehallerne, Copenhagen, hosted by the Danish Arts Foundation.]

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Venue: Dansehallerne, Copenhagen

Ever since I finished university, I’ve been working in digital businesses. As a matter of fact, these businesses had always been business-to-consumer platforms which were mainly directed at female target groups.

My first job was at urbia.de, which is still the leading German website for parents and parents-to-be. It’s based on a large community using traditional online message boards for exchange. And although I had been CEO of that company most of the time, everybody on the team had to help out in the community on a regular basis.

So every now and then I was in charge of the message boards, where literally thousands of women, who desperately wanted to have a child or had already been pregnant, exchanged their best practice and shared their experience. They even met up online at the week-ends to take collective pregnancy tests, in real time!

So apart from the fact that I gathered an enormous amount of theoretical experience and some comparatively absurd anecdotes in that particular field, I became quite an expert on how these women felt.

This – and my experience on the employer’s side with many female and part-time employees – has laid the foundation for why I’m trying to make a contribution and why I am supporting change at this very end of the public dialogue: gender equality.

There are many positive examples from the digital industry to get rid of issues that have become huge obstacles to innovation, prosperity and working culture. But before I’m going to elaborate on this, I have to cast a light on what is currently happening in enterprise Germany.

We’ve all heard about the Volkswagen scandal. Not only did the company disappoint its customers by cheating on tests of their Diesel engines. Volkswagen has also become a kind of prototype of the male-only culture in large companies which leads to failure.

And it hurts, too. Volkswagen is the largest corporation within the largest industry sector in Germany and thus represents German engineering like probably no other player. And that means a significant damage and a huge blow to the claim of „Made in Germany“.

When the Volkswagen company announced its new CEO, the former Porsche CEO Müller – even his name couldn’t be more German -, I happened to watch the press conference live on television.

What I saw, really struck me. Five grey-haired, comparatively old men were sitting next to each other, like robots: communicating what their legal offices had worked out and orchestrated. This was not only an individual case, this was much more. It represents what is going wrong in organizations, large and small.

To me, one thing was more than evident: the lack of diversity. It is probably futile to raise the question whether the Volkswagen scandal would have happened with more women in charge (as it has been with the „Lehman Sisters“ discussion).

The problem goes much deeper. It’s about men who believe it’s their natural right to lead and to decide and to put whole companies and industries in jeopardy by playing in their boys’ clubs. And there is no sense of wrongdoing. Not at all.

On the contrary: When the former Porsche CEO Wendelin Wiedeking – at least his name is a bit more creative – had to appear in court because of alleged market manipulations, he didn’t show any accountability. Instead, he claimed to have been „a visionary“.

I, for my part, would like to quote the recently deceased German ex-chancellor Helmut Schmidt, who once said: „If you have visions, go and see a doctor!“

Let’s move on to why I’m convinced that change can come from best practices from all kinds of industries. I’ve been working for digital business-to-consumer platforms in the food and parenting area. As a boss, I’ve always been dependent on strong technical teams. Software engineers were very, very hard to recruit and even harder to keep. And so the teams were hardly diverse.

The average German software engineer was kind of a cliché: young, overweight men, eating Pizza and jelly beans, collecting items from their favorite cartoon movie (mainly superheroes) and, most importantly, telling me constantly what was possible and what we definitely should avoid doing. Most of them were geniuses, but that also meant they were sometimes impossible to control.

What I was looking for: female engineers. Why? Because we needed a technical female perspective on what we were doing. After all, we are addressing female target groups.

Especially at my second challenge as CEO of Chefkoch.de, Europe’s largest digital cooking and recipe platform, I didn’t want to rely on male-only approaches to User Experience, Service Design and Frontend Development. But I also wanted female software engineers to have a diverse team setup.

But: I failed. We only had one woman on team. There simply was no availability at the time. The good news is: Times are changing – slowly, but constantly. Female engineers are no sensation anymore.

There are a lot of initiatives in order to get more women into the so-called MINT subjects at university: in English, they’re called STEM:

  • science
  • technology
  • engineering and
  • mathematics

I came across great approach to attract very young children to things like software and coding in October at a conference in Berlin: the Ada Lovelace Festival Conference. It was a conference for women in tech.

On stage, there was Linda Liukas, a real whizz-kid from Finland with so many ideas and an overwhelming presence. Linda is a programmer, storyteller and illustrator from Helsinki and has created a book called „Hello Ruby“.

Ruby is a small girl with a huge imagination, and the determination to solve any puzzle. „Hello Ruby“ introduces programming without requiring a computer at all. The point of the book isn’t to teach children a programming language, but programming concepts.

Kids are being introduced to the fundamentals of computational thinking, like how to break big problems into small ones, create step-by-step plans, look for patterns and think outside the box through storytelling. I love the idea behind it!

More examples: „App Camps“ is a German initiative that offers schools programming classes. It’s targeted at the very problem that a lot of teachers are lacking IT knowledge. And while happening in a school environment, students get in touch with potential job perspectives, too. A third example would be „Startup Teens“, where some female founders share their entrepreneurial knowledge with teenagers in order to motivate founders, and especially female ones.

Which leads me to an interim conclusion: We need at least two things in order to attract more women to fields with a lack of female work force:

  • role models, like Linda Liukas
  • stories and storytelling, like Ruby

A third conclusion I’d like to make refers to another layer which is added to the initiatives I’ve mentioned before. Not only do we need educational approaches to reach out to girls who might be interested in technology and coding etc. What is also needed, are networks for women.

Networks, where all the ideas come together, where personal stories can be shared and where new potentials can be developed in an atmosphere of trust. And that sometimes needs men to stay away. At least for the time being.

In the technology sector, there are a lot of very interesting female networks: Geekettes, Women Who Code, Digital Media Women… to name just a few. They’ve become very active, extremely well organized and dedicated to their mission: bring together highly motivated women, share examples and best practice and support each other’s careers.

And this has resonated in the music industry, too: „Music Industry Women“ is the name of the network what has been established in order to make women more visible, provide mentoring and work on the goal of bringing more women into leadership positions in the industry – as well as motivate female founders to start their own businesses. Their partner initiative at AIM, the Association of Independent Music in the UK is simply called „Women in Music“.

In the technology sector, women’s networks have also started to play an important role as curators of panels and conferences. For example, the Hamburg Reeperbahn Festival Conference gets tremendous support from the Digital Media Women in organizing the speakers and the programme. There has been a significant increase in female speakers ever since.

But that also needs the support of men. I, for instance, usually avoid pannels and conferences with a bad female proportion. I even confront some organizers with their lack of female speakers. (You can do that, too: either use the Gender Avenger App or let The Hoff do the work for you: pointing out that #allmalepanels aren’t ok).

The reaction is always the same – very lame. They pretend to have tried hard, but there are no female speakers in this very topic and so on and so forth… That’s ridiculous. It’s 2015, and there are so many excellent female experts out there – on virtually any topic! You just need the ambition to find them, invite them and put them on stage!

I’ve recently read an article in a German Magazine for Design Creatives on why women are underrepresented in leadership positions in creative businesses. The text started with the observation, that it is still fact that mothers are the ones working in part-time jobs. So far, so well-known, so not new at all. But what struck me here, was the second part of the argumentation: It stated that „by working part-time, mothers are giving up their own career.“

The question that immediately came to my mind was: Why is part-time work an obstacle to making a career? And more than that: What do we mean by „a career“? And finally, the most important question in this context: Why are quantitative parameters still the one and only base of assessment whether or not someone can have a career? In other words: Why are we still being judged by the amount of time that we put into our professional work rather than by the results we achieve?

This would be a topic for another talk or article. But let’s keep one factor on our list: flexibility. And I don’t mean theoretically. Flexibility counts most, when unforeseen things are happening.

For example, when it’s about parental leave and how to organize the return of the mother or father to the company. At this point, employers have the chance to do so many things wrong and only a few things right. The better they react and perform in this situation, the more loyal an employer will be towards her or his boss and towards the company. Always remember: loyalty ain’t a one-way-street!

I was being confronted with the need to find flexible solutions when two of my female department members at urbia told me that they were pregnant – within only a few days. And, of course, we made it: by working together and by showing that we wanted to find a solution by any means.

I would now like to provide you with some insights on how the debate on gender equality in Germany is being conducted at the moment.

Some people believe that in the field of gender equality – or gender imbalance rather -, Germany is significantly lagging behind some other countries. They even state that we in Germany are 20 years behind the Netherlands and 20 more behind Sweden. That sounds like an awful lot, doesn’t it?

So my personal filter bubble has the effect that I am experiencing quite exciting times by following the public debate as well as change in German society, while others with an external view on what is going on in Germany – like people in Denmark for instance – might come to a totally different judgment by observing that we are still stuck in debates that other countries have long been able to solve.

And that was only one reason why I was looking forward to coming to Copenhagen to understand to what extent and how Denmark has already solved problems of gender imbalances in contrast to my own country. So thanks again for having me.

Let me introduce one, if not the key factor for equality. It’s equal pay. Have you ever heard of the campaign #EqualPayDay?

Equal pay is key to gender equality

Equal pay is key! (Photographer: Franz Pfluegl)

According to the central statistics agency im Germany, in 2014, women earned 21.6 % less than men. If you transfer this data, women work 79 days a year without getting paid. 79 days! And that is why Equal Pay Day 2016 will be the 19th of March. Up until then, women wil have worked for free. It’s a statement and it supports the campaign against this kind of discrimitation.

Let’s also have a deeper look at the question of discrimination. A lot of people, or should I say a lot of men, in Germany are fully convinced that women have the same rights as well as the same opportunities as themselves. And I was very happy about a blogpost by Adam Grant, who is a Wharton professor and New York Times Writer, with the title: „Dear Men, Wake up and Smell the Inequality.“

In this blogpost, Grant refers to the United States, but I am sure that many of the issues he was addressing are true for Germany and large parts of Europe, too. He argues that there must be a reason why men don’t see that at every level of corporate America, women are less likely to advance than men. So Grant offers his two hypotheses.

Number one: „Men are stupid.“

„[F]or the past 20 years, 318 Darwin Awards have recognized people who removed themselves from the gene pool through “idiotic behaviors”—like the terrorist who mailed a letter bomb without enough postage, and when it was returned to sender, opened it. It turns out that more than 88% of the Darwin winners were male.“

As the researchers write, “This finding is entirely consistent with male idiot theory… and supports the hypothesis that men are idiots and idiots do stupid things.”

But, of course, not all men are idiots. What accounts for the rest of the ignorance? Which takes us to theory number two:

„Men are blind.“

And that means that there simply is evidence, that women are still being discriminated and face less opportunities in corporate environments than their male counterparts. Full stop!

So instead of ignoring the facts, men could also (and should!) become advocats for gender equality. Why? For several reasons. First of all, because women’s equality is directly linked to Europe’s overall well-being. Only by overcoming gender inequality can we truly lay the foundations for the continent’s future.

Secondly, because men should acknowledge, that whatever is achieved in the so-called female issue, is in their own interest. They profit hugely and widely from things like compatibility, reduced working hours, childcare institutions, public funding, equal wages, new work, next economy… you name it, the list goes on and on.

So what can be done to achieve equality? Step one is to acknowledge

  • that there is a state of constant inequality and
  • that the common goal is to end this and to start the journey towards full equality.

In Germany, we had quite a lively and public debate about the quota and whether or not it should be introduced for the advisory boards of the Top 30 German companies which are publicly listed at the stock exchange.

Personally, I wasn’t a supporter of quotas. For the simple reason that I believe equality should be a higher goal and thus shouldn’t be enforced by law. Equality, to me, should be a commitment rather than an obligation.

But I changed my mind during the public debate. Even though 30 percent women in German advisory boards among the top 30 companies only account for approximately 130something women, the discussion in gerneral had a huge political impact. And: The media covered every perspective so that the idea behind it – equality! – was slowly but constantly working through the institutions.

Again: A quota isn’t the solution, but it can trigger initiatives, change the way of thinking and enable certain parts of society to get change on the way…

A few words on reactions from the male side. Many of my male colleagues and friends are more or less scared. They fear their privileges being swept away. They think their own career opportunities will get out of balance because of the promotion of women. Well, what can I say.

Welcome to the 21st century, guys! Maybe there are certain setups within which it is harder for some men to get a promotion because of their female colleagues being preferred. Again: welcome to a new age of gender equality.

Women want to have 50 % of the cake, not 100 % as us men took it for granted for centuries.

The times they are changing for good. I believe that we can tolerate some minor disadvantages in the process of achieving a fairer level in the big picture.

To put it in a more poetic way:

The path towards gender equality is paved with whining men fearing the loss of privileges the’ve never been entitled to!

Here, again, are my ten parameters to drive change towards equality in Europe:

  1. We need (female) role models. Such idols will attract young women to jobs and topics which were originally male-dominated.
  2. We need good stories and storytelling. It has to sound interesting, cool, püromising… for women to focus on something that superficially seen is a men’s thing.
  3. Best-practices from other industries can be a great inspiration. Why shouldn’t things or initiatives from the digital or technological sector not work in the music industry, too?
  4. Flexibility is important, especially when things are going rough. Make up your mind where you can support women in your job environment. Try an empathic approach while acknowledging obstacles and help to overcome them.
  5. Equal pay is the key factor towards equality in general. There simply is no reason why equal work shouldn’t result in equal wages.
  6. Quotas can have a political impact. Sometimes you need to back an idea by some numbers in order to convince a broader public.
  7. Leadership must support both: equality and diversity. It should be every boss‘ principal goal to support equality and to aim for dibversity as a key factor for success.
  8. Female issues = male issues. Don’t be afraid of „the f-word“. Throw in your power and your ambition and get behind the ideas and values initiated by the female movement.
  9. Europe’s future depends on gender balance. We should all try to make this contintent both modern and successful. Equality is the foundation for all of this.
  10. Network! Women need to support each other in a secure environment with an open mindset. But there should be a time when men are allowed back in – rather sooner than later.

I wish you best of success. Not only for this event, but for your important work out there. The future is in our hands and equality should be the primary goal of us all.

Thank you very much.

Employer Branding statt Unternehmenskultur? Wenn Frauen- und Familienförderung zum „Purplewashing“ verkommt.

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Die Welle hat schon eine ganze Reihe von Unternehmen erfasst. McDonald’s verkauft seine pappigen Burger mittlerweile unter grünem Logo, Coca-Cola ist mit der „Coke life“ auf den nachhaltigen Bandwagon aufgesprungen, die Damen und Herren von der Wurstmühle aus Rügenwald machen jetzt in veganem Brotbelag und sogar die Billigheimer aus dem Hause Lidl schwadronieren neuerdings von Lebensmittelqualität.

Vom Greenwashing zum Purplewashing

All dies sind mehr oder weniger gelungene Beispiele für den Trend des „Greenwashing“. Seit Unternehmen Nachhaltigkeit als Marketinginstrument für sich entdeckt haben, kennen Agenturen kein Halten mehr. Keine Umpositionierung erscheint ihnen zu absurd, als dass sie auf die Idee kämen mal den ein oder anderen Etat etwa aufgrund ethischer Bedenken abzulehnen. Statt dessen wird alles grüngewaschen, was bei drei nicht auf der nächsten Plastikpalme ist.

Aber irgendwann sind alle Sünder grün, alle Bad Banks weiß und alle Umweltverschmutzer halbwegs sauber – jedenfalls in der Außendarstellung. Doch was dann? Welche Aufgabe könnten Unternehmen mit ähnlicher Vehemenz angehen? Ich hätte da eine Idee, oder nennen wir es eher: eine Befürchtung. Ich nenne sie Purplewashing.

[Disclaimer: Purplewashing nenne ich das übrigens deshalb, weil lila auch die Farbe der Frauenbewegung ist und ich die Analogie zum Greenwashing so treffend finde. Ich bin mir dessen bewusst, dass der Begriff bereits in anderen Zusammenhängen Verwendung fand, die hier jedoch keine Rolle spielen sollen.]

Frauen und Mütter als Erfolgsfaktor?

Sinn und Zweck des Versuchs sich als Unternehmen mittels Kampagne ein neues Positivimage zu erkaufen ist die ständige Suche nach einem Differenzierungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb. Preis und Qualität sind dabei längst nicht mehr potenzialträchtig, sondern Standard. Nachhaltigkeit hingegen war sehr lange ein guter Hebel im Kampf um Marktanteile. Doch irgendwann droht sich auch der beste Hebel abzunutzen, Nachhaltigkeit ist bereits auf dem Wege zum bloßen Hygienefaktor: Man muss das Thema bedienen, aber wirklich entscheidend ist dieser Faktor irgendwann nicht mehr.

Höchste Zeit also für etwas Neues. Dabei lohnt wie stets der Blick in die Medien. Welche Themen sind derzeit en vogue, wofür werden Unternehmen und Unternehmer kritisiert? Wo könnte man das eigene Unternehmen als Vorreiter positionieren?

Zweifellos hat das Thema Frauen derzeit mediale Konjunktur; wahlweise auch das Thema Mütter. Die Kontexte sind mannigfaltig und reichen von gläsernen Decken und eingefrorenen Eizellen über Gender Pay Gap und mangelnde Vereinbarkeit bis zu Debatten-gewordenen Hashtags wie #regrettingmotherhood oder #aufschrei.

Feigenblatt für die Corporate Social Responsibility

Aus Sicht des Employer Branding ist das ein gefundenes Fressen. Was läge also näher als sich die Antizipation der Problematik und deren Teillösungsansätze auf die Unternehmens-Fahnen zu schreiben? Schon ist die Kampagne geboren. Schnell noch die CSR-Abteilung und den Vorstand ins Boot geholt nach dem Motto „Hey, da müssen wir dabei sein!“ – fertig ist das neue Image. Der feuchte Traum der HR-Strategen ist dabei vermutlich ein Top-Ranking für das eigene Unternehmen in den Google SERPs bei Keywords wie „Frauenförderung“, „Vereinbarkeit“ oder „Work-Life-Balance“.

Das ist zu zynisch? Das Thema Frauenförderung etc. braucht Unterstützung von allen Seiten und jeder Zweck heiligt die Mittel? Mitnichten. Denn was wirklich zählt in Unternehmen, die sich dem Thema Frauen- und Familienförderung widmen, ist – Achtung – Nachhaltigkeit; und Belastbarkeit. Was ich damit meine, offenbart sich beim Blick unter die Haube.

Außen hui, Innen pfui!

Sehr viele Firmenchefs haben inzwischen erkannt (oder wurden von ihrer Unternehmenskommunikation entsprechend gebrieft), dass die Förderung von Mitarbeiterinnen hervorragend auf das Konto des Employer Branding einzahlt. Sie werden nicht müde zu betonen, dass es für sie eine Herzensangelegenheit sei und sie sich mit all ihrer Kraft für eine entsprechende Unternehmenskultur einsetzen würden. Doch die Geschichten, die aus eben jenen Unternehmen nach außen dringen, zeichnen ein ganz anderes Bild.

  • Da ist die junge Mitarbeiterin, die nach ihrer Hochzeit, zu der ihr vom Vorgesetzten herzlich gratuliert wurde, plötzlich unberücksichtigt bleibt bei spannenden Projekten oder gar Beförderungen.
  • Da ist die Schwangere, der bei der Verkündung der frohen Botschaft nur ein extrem genervter Blick ihrer Chefin entgegenschlägt: wie sie sich das gedacht hätte, wer die ganze Arbeit übernehmen solle.
  • Da ist die junge Mutter, die bei der Rückkehr an ihren Arbeitsplatz feststellen muss, dass sie in diesem Unternehmen keine Karriere mehr machen wird.
  • Da ist die Abteilungsleiterin, die wörtlich und mehrfach verkündet, dass Teilzeitlösungen in ihrem Team nicht in Frage kämen.
  • Da ist der Chef von fast 100 Mitarbeitern, der sich hämisch über den jungen Kollegen äußert, der in Elternzeit geht. Der müsse wohl, sonst stiege ihm die Frau aufs Dach.

Harte Arbeit statt Parolen

Es gibt leider noch viel mehr unerfreuliche Beispiele dieser Art. Sie passieren täglich und bleiben in der Regel ohne Konsequenzen. Und das ist das eigentliche Dilemma. Denn so lange Frauenförderung nur Unternehmens-PR ist, so lange Vorgesetzte sich wie die Axt im Walde benehmen dürfen, so lange Vereinbarkeit ein Lippenbekenntnis bleibt – so lange ändert sich überhaupt nichts an den Rahmenbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Und es ist eigentlich wie stets: Ja mehr über etwas geredet wird – in diesem Falle über Frauenförderung -, desto weniger ernst scheint es dem Unternehmen wirklich zu sein. Aber es helfen nun einmal keine Programme, kein plakatives Mentoring, kein Employer Branding.

Was hilft, ist ausschließlich harte und nachhaltige Arbeit an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Unternehmenskultur.

Was hilft, ist die ehrliche und nachhaltig gelebte Überzeugung der Unternehmensführung, dass nur eine Unternehmenskultur, die die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ernst nimmt, fördert und organisieren hilft, zukunftsfähig ist.

Was hilft ist die sofortige und schonungslose Aufdeckung, Benennung und Beseitigung von Missständen der Art, wie sie oben beschrieben wurden.

Das alles ist anstrengend und nicht immer einfach um- und durchzusetzen.

Das alles hat nichts mit den Anforderungen durch die Shareholder zu tun.

Und das alles ist vermutlich zunächst einmal nicht in KPI zu kleiden.

Aber es geht nur so. Alles andere ist Show.

Leadership oder Führungsstärke? Welche Eigenschaften einen guten Chef ausmachen

In streng hierarchisch oder behördlich organisierten Arbeitskontexten wie Militär, Schule, Politik oder Krankenhaus ist es nicht allzu schwer ein guter Chef zu sein. Es spielt schließlich eine eher untergeordnete Rolle, ob man als Vorgesetzter seinen Job gut macht oder nicht. Das Organigramm regelt die Machtverhältnisse, Karriere ist mehr eine Frage von Zugehörigkeitsdauer als von Qualifikation; und die Beliebtheit bei Untergebenen ist maximal ein Kollateral-Nutzen.

Bevor jetzt aber all die Studienräte, Unteroffiziere, Professoren oder Staatssekretäre Schnappatmung bekommen: Natürlich gibt es solche und solche, man gönne mir meine polarisierende Einleitung ins Thema.

Work-Life? Unsinn!

Was ich nämlich eigentlich gerne in die Runde der Interessierten werfen möchte, ist die Frage nach den Eigenschaften, die gute Vorgesetzte – auch in den oben genannten, aber vor allem in weniger althergebrachten beruflichen Umfeldern – an den Tag legen müssen, damit ihre Mitarbeiter sonntagabends nicht mit Bauchschmerzen an den darauffolgenden Morgen denken; und damit Menschen auch jahrzehntelang ohne gesundheitlich Schaden zu nehmen Leistung als Arbeitnehmer bringen können; und damit Arbeit endlich das ist, was sie sein muss: nicht das mühlsteinartige Gegengewicht, das als „Work“ dem „Life“ die Balance fast unmöglich macht, sondern ein ganz wesentlicher und erfüllender Teil des eigenen Lebens sein darf.

Bevor ich weiter ins Thema einsteige, eine kleine Vorbemerkung. Ich spreche im Folgenden von „Chefs“ und „er“ und meine damit dennoch ausdrücklich auch „Chefin“ und „sie“. Das ist das Gegenteil von gendergerechter Sprache, ich weiß. Da ich mich jedoch auch und vor allem auf eigene Ansichten und Erfahrungen stütze, sei mir auch das verziehen. Nun aber zum eigentlichen Thema.

Du kannst das!

Bevor ich meine erste Führungsaufgabe antrat, fragte ich meinen damaligen Chef, wie ich mir das theoretische Rüstzeug dafür aneignen könne. Seine Antwort bestand nicht aus Buch-Tipps, Blog-Empfehlungen oder Weiterbildungs-Kursen, sondern lautete lapidar: „Du kannst das.“ Dafür bin ich ihm noch heute dankbar, wenngleich das mit dem Können nach wie vor die Frage ist – und auch sein darf, und auch sein muss.

Denn eines ist ganz bestimmt eine elementare Softskill einer guten Führungskraft: die Fähigkeit zur Reflexion und die kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Werken und Wirken. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass man Leadership nicht erlernen kann. Niemals. Man kann sich allenfalls Mechanismen aneignen, die in die (bereits angelegten) eigenen Fähigkeiten einzahlen: Das „Wie“ kann man z.T. erlernen, das „Was“ muss man bereits besitzen.

Zum Was gehört beispielsweise die Fähigkeit zur Empathie. Wem diese ganz oder in Teilen abgeht, dessen Leadership enttarnt sich in Windeseile selbst als das, was sie dann sein muss: Methodenfetischismus als Versuch eigene Unzulänglichkeiten zu verschleiern. Das muss scheitern.

Nicht jeder muss führen

Oft hört man von sehr fähigen Nachwuchs-Managern, dass sie nun bereit seien für eine Führungsaufgabe. Sie wollen ihren Lebenslauf nun endlich auch mit den begehrten Attributen „disziplinarische Führung“ und „Teamverantwortung“ anreichern. Dabei übersehen sie häufig, dass sie sich damit vielleicht gar keinen Gefallen tun.

Führungskraft zu sein hat nämlich erheblich mehr Downsides als Highlights. Konsens herrscht in Branchen, die starken Veränderungsprozessen unterworfen sind, eher selten bis nie. Es gilt also permanent Unzufriedenheit und Unsicherheit zu moderieren und dabei gleichzeitig Zuversicht auszustrahlen und eine Richtung vorzugeben.

Zudem sind viele exzellente Fachkräfte nicht unbedingt auch gute Chefs. Man kennt die Anekdote vom Schraubendreher: Was passiert, wenn man den besten aller Schraubendreher zum Chef aller Schraubendreher macht? Man hat einen exzellenten Schraubendreher weniger, dafür aber einen schlechten Chef mehr. Das ist sehr überspitzt dargestellt, enthält aber ein veritables Körnchen Wahrheit.

Meinungsstärke ist nicht illoyal

Leider hat das Jobdescription-Bullshit-Bingo Hochkonjunktur. Das Mitglied der Geschäftsleitung durchschaut man vielleicht noch, aber wenn es an all die Direktoren, Vice Presidents, Seniors und Heads of Everythings geht, verliert man schnell den Durchblick. Was das auslöst, sind Begehrlichkeiten. Man bekommt das Gefühl vermittelt, ohne (dokumentierte) Leitungsfunktion sei man ein Niemand.

Das lenkt vom Wesentlichen ab, zum Beispiel davon, welche Eigenschaften es denn nun sind, die den guten Chef vom guten Mitarbeiter unterscheiden, und die dafür sorgen, dass Menschen für einen gewissen Zeitraum im beruflichen Kontext einem Vorgesetzten folgen und vertrauen? Authentizität ist ein überstrapazierter Begriff, aber im Falle von Führung muss ein Chef diese Eigenschaft besitzen, da er sonst auf längere Sicht unglaubwürdig ist.

Authentisch ist der Chef übrigens auch dann, wenn er seinen Mitarbeitern signalisiert, dass er kein „Parteisoldat“ (pun intended, siehe Einleitung) ist und ab und an auch gegen die Forderungen und  Ansichten seiner Vorgesetzten opponiert. Das schweißt das Team zusammen und schwört die Mannschaft auf das eigene Business ein. Viele Gesellschafter-Vertreter und mehr oder weniger „lose Enden“ von Berichtslinien missdeuten ein derartiges Verhalten nicht selten als Illoyalität – ein geradezu unfassbar kurzsichtiger Irrtum.

Im Sturm zeigt sich wahre Größe

Wenn alles toll läuft, ist jeder ein guter Chef. Zum Schwur kommt es, wenn es heikel wird. Wenn ganze Geschäftsbereiche ins Schwanken kommen und der Druck im Kessel steigt. Schlechte Vorgesetzte – und davon gibt es naturgemäß reichlich – verfallen dann in die einfachste aller Verhaltensweisen: Druck weitergeben und nach oben (vermeintlich) gut dastehen. Das ist der Anfang vom Ende einer guten Beziehung zwischen Mitarbeitern und ihrem Chef. Achtung, Überraschung: Mitarbeiter sind nicht doof – auch wenn einen dieser Eindruck bei mancher Literatur zum Thema durchaus beschleichen könnte.

Fähige Führungskräfte stellen sich genau dann hinter ihr Team und vor ihr Business, wenn es (gerade auch für sie selbst) schwierig wird. Opportunismus mag menschlich sein, die Fahne auf dem Dach wird jedoch in dem Moment vom Sturm innerer Kündigungen zerfetzt, wenn sie eigentlich Segel im Wind sein müsste. Leider ist der Typus des Ja-Sagers und Arschkriechers immer noch stark verbreitet. So lange ein solches Verhalten (mit Aufstieg) belohnt wird, so lange ist es einzig und allein ein Problem von Werten und Unternehmensethik, die dem Erfolg im Wege steht.

Zum guten Chef gehört viel mehr

Weitere elementare Eigenschaften und Verhaltensweisen guter Chefs sind nach meiner Auffassung:

  • Humor ohne Anbiederung
  • Demut gegenüber dem Führungsmandat, denn es ist in der Regel nur geliehen
  • Klare Meinung, aber Bekenntnis zu zu den eigenen Schwächen und Fehleinschätzungen
  • Entscheidungsstärke, aber Einbeziehung der Erfahrungen und Ansichten von Mitarbeitern
  • Personalauswahl-Kompetenz statt Delegation dieser Verantwortung an HR
  • Gerechtigkeit ohne Gleichmacherei
  • Erkennen von Potenzialen in Mitarbeitern
  • Individuelle Führung, denn kein Mitarbeiter ist wie der andere
  • Härte zu sich selbst und Fordern Anderer
  • Fähigkeit zur Deeskalation
  • Aushalten, ja Einfordern starker Meinungen und interner Opposition
  • Wahrung von Distanz und gleichzeitig Schaffung von Zuversicht und Vision

Der Druck in der Wirtschaft ist groß und wird ständig größer. Jede einzelne Führungskraft kann etwas daran ändern: wenn sie nicht das eigene Fortkommen über alles stellt, sondern Gradlinigkeit, Authentizität und nachhaltige Leadership Grundlage ihres Verhaltens gegenüber Mitarbeitern ist. Man muss sich ja nur einmal selbst fragen, welchem Chef man zuletzt uneingeschränkt vertraut hat, und vor allem: aufgrund welcher Eigenschaften.

New Leadership: So muss der Chef von morgen sein

Führung und Leadership sind Thema mannigfaltiger theoretischer Auseinandersetzungen. Dabei prallen Theorie und Realität zum Teil heftig aufeinander. Die Probleme liegen durchaus im Detail und in der Persönlichkeit der jeweiligen Protagonisten. Es ist nicht ganz einfach sich der Materie im Zwischenmenschlichen zu nähern, aber es geht. Die eigentliche Herausforderung wartet jedoch erst dann, wenn echte Veränderung angestoßen werden soll. Und es braucht dringend Veränderung.

Revoluzzer, nein danke!

Meine eigene Bewusstwerdung war ein langer Prozess. Anfangs war ich der festen Überzeugung, als junger Arbeitnehmer müsse man sich der (vor)herrschenden Kultur anpassen. In der Realität war das nicht nur eine Herausforderung, es ging schlicht nicht; jedenfalls nicht über längere Zeit. Die Mechanismen, denen man mit zunehmendem Aufstieg innerhalb größerer Unternehmen ausgesetzt ist, absorbieren auf vielfältige Arten und Weisen die eigene Widerstandskraft und Urteilsfähigkeit gegenüber anderen sowie die Reflexionsfähigkeit gegenüber sich selbst und seiner eigenen Motivation.

In der Regel bleiben einem Angestellten für den Fall, dass es im beruflichen Kontext vermehrt zu Situationen kommt, die den eigenen Überzeugungen zuwiderlaufen, genau zwei Möglichkeiten: Anpassung oder Rebellion. Letztere ist ein kurzes und äußerst zweifelhaftes Vergnügen, da sie selbst robusteren Naturen den Einsatz nahezu sämtlicher Kraft- und Energiereserven abverlangt. Daher verstehe ich den Reflex der Anpassung nur zu gut. Gleichzeitig prangere ich ihn vehement an.

Nur zur Erklärung: Anpassung und Kompromissfähigkeit haben nichts gemein. Letztere ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für Erfolg in Teams, die aus mehr als einer Person bestehen. Erstere hingegen ist die Wurzel allen Übels. Es gehören nämlich immer zwei dazu, wenn etwas signifikant falsch läuft: einer, der das Fehlerhafte initiiert und einer, der das mit sich machen lässt. Die Gründe für schrittweises oder abruptes Klein-Beigeben sind mannigfaltig – aber alle haben mehr oder weniger, direkt oder indirekt, mit Geld und/oder Angst vor Status- und Sicherheitsverlust zu tun.

Gerader Rücken als Meta-Softskill

Was aber, wenn sich hinter einer solchen „Bestechungskultur“ doch noch ein Rest an Widerstand in einem regt? Muss man den auch noch über Bord werfen? Oder wäre es nicht langsam an der Zeit Nicht-Angepasstheit positiv umzudeuten und für die Sache zu nutzen, anstatt Selbige mit enormem Aufwand und unter erheblichen Kollateralschäden für Mitarbeiter und Unternehmen sukzessive und geradezu monomanisch auszumerzen? Ich finde: Es ist höchste Zeit.

Dazu braucht (oder besser: bräuchte) es aber vor allem eines, nämlich Menschen, sprich: Führungskräfte, die so etwas auch können. Vorgesetzte, die Kritik nicht als persönlichen Angriff und Unzufriedenheit nicht sofort als destruktiv empfinden; die zum Kern des Problems vordringen und eine Lösung finden wollen; die Führung als Auftrag verstehen und die angetreten sind innerhalb ihres Wirkungsbereichs eine Atmosphäre der Offenheit und Konstruktivität zu etablieren.

Doch diese Spezies, die dem Konzept Führung wieder ihren ursprünglichen Sinn verleihen könnte (und die sich vom reinen Manager unterscheiden müsste), ist selten, ihre wenigen Vertreter vom Aussterben bedroht. Insbesondere in Zeiten konstanter Change-Prozesse, fragwürdiger Leadership-Konzepte und disruptiver Bedrohungen ganzer Branchen und vermeintlich etablierter Geschäftsmodelle sind echte Führungspersönlichkeiten Mangelware. Wenn alles super läuft, sind Konsens, Basisdemokratie und Arbeit an der Unternehmenskultur keine Leistung. Erst in der Krise zeigen sich echte Führungsnaturen.

Role Models

Führung, oder Leadership, wird seit vielen Jahrhunderten kontrovers diskutiert. Die Regalmeter einschlägiger Literatur sind endlos und zu jeder Zeit konkurrieren verschiedene Auffassungen, Moden und Stile von Führung miteinander.

Fast jeder erinnert sich an einen charismatischen Lehrer oder Vorgesetzten, für den er gerne die extra Meile gelaufen ist, der ihn zu Höchstleistungen angespornt hat und dem man bedingungslos vertrauen konnte. Welche Eigenschaften (neudeutsch: Soft-Skills) waren es, die eben jene Menschen auszeichneten? Authentizität und Integrität darf man hier getrost nennen. Doch wie entstehen solche Attribute, welche Kultur und welchen Nährboden braucht es, damit sie gedeihen und entsprechende Persönlichkeiten hervorbringen können?

Vielleicht müssen wir zunächst versuchen uns von dem immensen Druck freizumachen, der heutzutage in unschöner Regelmäßigkeit, nämlich mindestens quartalsweise, auf uns wirkt. Wir arbeiten ja längst nicht mehr an langfristigen Lösungen, sondern nur noch an immer kürzer werdenden Intervallen von Shareholder-Befriedigung. Das ist falsch und menschenunwürdig, das muss aufhören. Und genau dafür brauchen wir Führung.

Gute Vorgesetzte filtern den Druck und wirken ihm entgegen, bevor sie sich mit ihren Teams denjenigen Lösungen widmen, die positiv aufs große Ganze einzahlen. Druck nach unten weiterzugeben mag menschlich nachvollziehbar sein – es ist das Gegenteil von guter Führung.

Leadership hingegen schafft Transparenz, Vertrauen, Verbundenheit, Sicherheit und Motivation. Autorität für die Führungskraft ergibt sich aus der Reaktion der Mitarbeiter auf integre und authentische Führung. Und dieses Vertrauensverhältnis hat auch denn Bestand, wenn die Zeiten mal härter werden.

Dieser Beitrag erschien zunächst bei der deutschen Huffington Post.